Käse-Expertin Susanne Hofmann:
Traditionell und handwerklich bedeutet wirklich „mit der Hand“ gemacht:
Von der Labzugabe bis zum Schneiden der Gallerte, vom Einfüllen in die Formen bis zum täglichen Waschen und Bürsten bei der Reifung. Das Ergebnis dieser arbeits- und zeitintensiven Handarbeit sind lauter einzigartige und köstliche Käse-Unikate! Bei uns im „Tölzer Kasladen“ haben wir fast ausschließlich aus Rohmilch handwerkliche hergestellte Käsespezialitäten aus ganz Europa im Angebot, die wir als „frische“ Käse bekommen und in unseren hauseigenen Reiferäumen „affinieren“, also während der Reifung pflegen und veredeln.
Handwerklich hergestellte Käse sind wirklich etwas Besonderes: Derzeit liegt der Anteil von handwerklichen Betrieben – also Hofkäserein, Dorfkäsereien, Alpsennereien und mobilen Käsereien – an der Milchverarbeitung in Deutschland nämlich nur bei etwa 1-2 Prozent. Glücklicherweise ist die Tendenz aber steigend: In Deutschland gibt es mittlerweile wieder über 1000 Hofkäsereien und in ganz Europa bereits über 30.000! Ich wünsche mir, dass möglichst viele Landwirte neue Wege gehen und selber wieder auf ihren Höfen handwerklich produzierte Käse herstellen. Deshalb gibt es auch zwischen dem „Tölzer Kasladen“ und dem Verband für handwerkliche Milchverarbeitung e.V. (VHM_www.milchhandwerk.info) eine enge Verbindung und Zusammenarbeit!
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es in der Käseherstellung zu tiefgreifenden Veränderungen – der Grund dafür waren revolutionäre Erfindungen und Entdeckungen.
Louis Pasteur entdeckte die Bakterien, konnte sie zuordnen, züchten und ausschalten. Weitere wissenschaftliche Methoden, wie die Bestimmung des Säuregrades, folgten. Das erste industrielle Lab wurde gefertigt, Strom wurde eingeführt und Carl Linde entwickelte ein geeignetes Kühlsystem. Transportmittel wie Züge und später Fahrzeuge wurden erfunden und Mr. Riedel kreierte die Spanschachtel für den Transport von Weichkäse. Justus Liebig brachte die ersten Düngemittel auf den Markt. Ein neues Kommunikationswesen förderte die Informationsverbreitung und erleichterte die Abwicklung der Handelsgeschäfte. All dies waren maßgebliche Erfindungen, die dafür sorgten, dass Käse nun gezielt hergestellt, gelagert und transportiert werden konnte. Und die neuen technischen Errungenschaften ermöglichten auch eine Produktion in einem weitaus größeren Ausmaß als jemals zuvor.
Mitte des 20. Jahrhunderts war die industrielle Käsefabrikation in Europa so weit entwickelt und verbreitet, dass die Käseherstellung von Hand fast gänzlich zu verschwinden drohte.
Käsevereinigungen und Gilden sowie neu geschaffene Gütesiegel mussten von nun an den handwerklich gefertigten Käse und seine unwiederbringlichen Vorzüge schützen. Man führte unter anderem Gütezeichen mit einheitlichen Standards ein: Die Bezeichnung g. U. (geschützter Ursprung) in Deutschland, AOP (Appellation d’Origine Protégée) in Frankreich, der Schweiz, Holland, Belgien und Griechenland, DO (Denominación de Origen) in Spanien und Portugal, DOP (Denominazione di Origine Protetta) in Italien und PDO (Protected Designation of Origin) in England, Irland, Schottland und Dänemark. Trägt eine Käsesorte diese Qualitätsbezeichnung, müssen bei der Herstellung alle Auflagen, die in dazugehörigen Pflichtenheften festgehalten sind, streng eingehalten werden. So garantiert das Siegel eine durchgängig traditionelle Herstellungsweise, regelt Tierrasse und Haltung des Viehs, bestimmt den geographischen Herstellungsraum und definiert Qualitätsstandards. Alles wird von einer Kontrollkommission streng überwacht und reguliert, damit eine gleich bleibende Qualität des Produkts auch wirklich garantiert werden kann.
Mein Tipp: Probieren Sie doch einfach einmal handwerklich hergestellten Rohmilch-Käse. Ich wage zu behaupten, dass Sie von Geschmack und Qualität ebenso begeistert sein werden wie ich!